Gipfelversuch II

21.05.2010 Gipfelversuch II

 

Die notwendigen Sachen sind schnell gepackt. Ohnehin befinden sich die meisten Gegenstände, und noch mehr, auf den Hochlagern. Nun sind wir eine kleine Truppe. Alix, Luis und Ich. Also reicht auch nur ein Zelt aus. Gemütlich steigen wir den Weg ins C II in ca.5 h auf und beobachten wie Harris von Arnolds Expedition bereits auf diesen Wegstück mit maximalen konditionellen Problemen zu kämpfen hat. Jeder Mensch ist selbst seines Glückes Schmied…. Ich versuche den Harris noch indirekt darauf anzusprechen, wobei jedoch ein klarer Neglekt folgt. Einen Teil des Weges bestreite ich beim schönsten Wetter, ohne Wind mit Tunç. Beide sind wir uns einig, dass Leute wie Harris an einem solchen Berg massiv ihre Gesundheit, ihr Leben, und das der anderen Gruppenmitgliedern gefährden. Im C II steht noch ein Zelt von uns, dass relativ gut eingeschneit ist. Da ich ca. 45 min vor den anderen zwei oben bin, hacke ich es schon mal aus dem Schnee und Eis und fange an Schnee zu schmelzen. Ich schmelze Schnee solange es draußen warm und sonnig ist, und verziehe mich danach zu Luis und Alix ins Zelt. Es verspricht eine gemütliche Nacht zu werden. Abends noch der obligatorische Funkkontakt zu den anderen Gruppen, um auch deren weiteres Procedere zu erfahren. Morgen geht’s hinauf aufs Makalu La. Wir waren nur einmal kurz oben, und da hat es wie verrückt gestürmt. Eigentlich hat es jedes mal Richtung Makalu La massiven Wind gegeben. So sind wir auf morgen gespannt, ob es wieder so sein wird. Wir wissen auch, dass uns unsere schweren Rucksäcke zu schaffen machen werden.

 

22.05.2010 Aufstieg Makalu La und C III

 

Es ist hell und der Kocher fängt schamhaft in der Kälte Wasser zu machen. Wir hören Tshiering Sherpa mit seinem breiten „Hello“ am Zelt vorbeigehen. Wir haben es noch nicht eilig in die Kälte herauszugehen, obwohl eine gewisse Angst mitschwingt, dass wir sonst im Stau der Fixseile bleiben. Die Franzosen/Amerikaner sind heute aber schon früher los. Sie wollen „two to four“ gehen…. also direkt von CII auf 6800 m auf das C IV auf 7600m um am nächsten Tag den Gipfelangriff zu starten. Wir finden das in der Höhe ein ziemlich ambitioniertes Vorhaben….. Wir brechen um ca. halb neun los, wenn schon langsam sich die Sonne ins Camp und die Wand gelegt hat, und schauen auf eine Reihe von Franzosen und Amerikanern in den Fixseilen vor uns. Den Weg kennen wir schon zu genüge. Für mich ist das nun das fünfte mal, dass ich den Weg gehe… Obwohl der Rucksack etwas drückt steigen wir gut hinauf. Am oberen Schneefeld treffen wir Mor, der ab hier mit Sauerstoff geht. Harris, so erfahren wir von Fabrizio Zangrilli, hat bereits beim Anfang der Fixseile mit dem Sauerstoff begonnen. Ich mache schnell ein Paar Fotos vom bemaskten Mor und nach einer gemütlichen Pause geht es weiter hinauf zum Makalu La. Auf dem Weg müssen wir noch das Depot auflösen, das wir beim letzten Gipfelversuch dort zurückgelassen haben. Ich verkenne jedoch das Depot (Sack der Franzosen) und steige weiter bis ich von oben merke, dass Luis und Alix das Depot doch erreicht haben und es jetzt alleine auflösen müssen. Allerdings weiß ich auch noch über ein Depot am Sattel selber, das wir auch bergen müssen. Nach kurzer Überlegung steige ich weiter zum Sattel und inspiziere das Depot. Es ist mächtig schwer als da noch ein Zelt, zwei Sauerstoffflaschen mit Maske und weitere Hardware drin ist. Mit dem Wissen dass C III von da nicht mehr weit ist, bepacke ich meinen Rucksack mit dem Sauerstoff und dem Zelt, lege den Rucksack zurück und steige wieder zurück zu Luis und Alix ab um ihnen zu helfen. Ich nehme dem Luis seinen Rucksack, der im Gegenzug Alix` Rucksack übernimmt, und steige nochmals ins La auf. Ganz anders als wir es sonst gewohnt sind herrscht am Makalu La Windstille und wir gehen die wenigen weiteren Meter bis zu dem von AC aufgestellten Zelten, wo wir uns ein Plätzchen suchen. Die Alix hat der Aufstieg massiv geschlaucht, so dass sie sogar kurz überlegt nicht weiterzugehen und abzusteigen. Luis kümmert sich um das Aufstellen des Zeltes und ich schau, dass ich sofort Wasser machen kann. Da es windstill und sonnig ist, und der Blick auf Umgebung unglaublich ist, halte ich es köchelnd recht lange draußen aus und gebe Luis und Alix Zeit sich im Zelt zurechtzufinden. Auf C III treffen wir auch Marthy und Brad, die am Vortag versucht haben von C III direkt auf den Gipfel zu gehen. Sie berichten, dass sie um ca. 3 Uhr im Couolouir  aufgrund später Zeit umgedreht haben. Bis um 19 Uhr laufen noch Teilnehmer der franko/amerikanischen Gruppe, zum Teil an Sauerstoff schnüffelnd weiter in Richtung C IV. Ein ungewöhnlicher Anblick… Menschen in wunderbarer Bergumgebung, mit „Gasmasken“ als wäre es etwas giftiges….. Wir essen und trinken so viel wie möglich und machen uns bereit für die Nacht, die trotz der Höhe recht gut verläuft.

 

 

23.05.2010 Aufstieg C IV

 

Wir lassen uns Zeit bis zum Aufstehen. Heute ist kein Grund zur Eile. Der Weg bis C IV ist nur kurz und wir wollen voll in der Sonne gehen. Nach den obligatorischen Erledigungen krabbeln wir aus dem Zelt und sehen wie auch die anderen langsam, sehr langsam Richtung C IV ziehen. Wir schließen uns an. Luis und mich zwingt das Gewicht unserer Rucksäcke, trotz des fast ebenen Geländes, ziemlich in die Knie. Ich bin wieder etwas voraus und als ich an einem Ort Pause mache, wo die anderen Gruppen ihre Zelte aufstellen wollen, machen wir mit dem Luis per Funk aus, weiterzugehen bis zu einer markanten Spalte etwa 200 Hm oberhalb. Dort ist ein super Zeltplatz zu erwarten. Außerdem haben wir dann auch den Tag etwas besser genutzt und einen besseren Start für die Gipfeletappe geschaffen. Oben angekommen buddele ich in dem zum Glück recht weichen Schnee die Plattform für das Zelt. Die Grundplane hat jedoch die Alix eingepackt, also muss ich auf Alix und Luis  warten, die dann schnell mit das Zelt aufbauen. Zusammen mit uns an der Spalte ist noch Blair mit seinem Sherpa und Marthy, der jetzt alleine unterwegs ist. Wir haben noch den ganzen Nachmittag für uns zum Ausruhen und regenerieren… das ist gut. Es ist mit Marthy ausgemacht, dass wir um Mitternacht loslaufen und den Gipfel versuchen. Um zehn Uhr abends hören wir Stimmen der Amerikaner und Franzosen, die von Gipfel absteigen und kurz erzählen. Eine kurze Verwirrung stiftet eine Erzählung von Chriss über einen im Eisfall abgestürzten Sherpa, die sich nach einigem Funkkontakt jedoch nicht bestätigt.

 

24.05.2010 Gipfelversuch II - Die Erste

 

Wir hören bereits in der Nacht dass es draußen schneit. Ein Blick nach draußen bestätigt uns den Neuschneefall. Es ist zwar schön warm, aber null Sicht. Marthy drängt auf den verabredeten Abmarsch, wir sind uns jedoch noch nicht ganz sicher ob heute tatsächlich eine Gipfeltag ist. Am Ende verlassen wir nach zwei Uhr das Zelt und steigen die Fixseile hinauf. Marthy ist bereits losgezogen. Nach etwas einer halben Stunde kommt uns eine „Stirnlampe“ entgegen. Entgegen der Annahme, es sei Marthy, zeigt es sich, dass es der erste der Ukrainischen Bergsteiger ist, die über eine neue Route den Gipfel erreicht haben. Er ist im Reden und Denken deutlich verlangsamt und maximal erschöpft. Ich biete ihm von meinem Trinken an, bereue es aber fast, nachdem sein Zug kein Ende nehmen will. Nach kurzer Erklärung wie weit unser C IV ist, gehen wir weiter. Ein zweites mal treffen wir auf eine müde Gestalt weiter oben, der auch nur kommentarlos nach unten zielt. Im weiteren bestehenden Schneetreiben, wobei es nur ca. 15cm Neuschnee gibt, erreichen wir das Ende der ersten  Fixseile auf ca. 8000m. Es ist noch dunkel. Langsam trudelt auch Alix ein und wir warten zusammen auf Luis, der etwas später losgebrochen ist. Mit dem Blick versuchen wir irgendwo ein Zeichen dafür zu ersehen,  dass der Schneefall aufhören wird und wir Richtung Gipfel sollen. Leider zeigt sich auch nichts als Luis ankommt und es heller wird. Von der Ratio getrieben bleibt uns nichts anderes übrig als umzudrehen und auf morgen zu hoffen, wohl wissend dass jeder Tag auf 7800m Höhe nur körperlichen Abbau zu folge hat. Der Luis lässt für seine Skibefahrung seine Ski am Depot. Auf dem Weg hinab treffen wir Blair mit seinem Sherpa, der später losgebrochen ist, aber guter Dinge ist, den Gipfel zu erreichen. Ihm ist die Sicht da oben egal. Er möchte einfach rauf, nachdem es nun sein drittes ml am Berg ist. Wir kommen um ca. 7 Uhr am Lager an und machen uns daran auszuruhen und möglichst viel zu trinken und zu essen. Allerdings hält sich der Appetit sehr stark in Grenzen, so dass wir es nur zu einem Kartoffelpüree schaffen. So verliegen und verdösen wir den ganzen Tag im Zelt und merken, dass es zwar sehr hell ist, aber weiterhin die Sicht sehr schlecht ist  und der Schneefall immer minimal weitermacht.

Am Abend kommen Blair und sein Sherpa an, die den Gipfel knapp nicht erreicht haben und Marthy, der nur kurz kommentiert: „summited“.  Er war alleine oben, ohne Sauerstoff  - eine reife Leistung. Außerdem habe er den ganzen Tag nichts getrunken, da er sein Getränk den Ukrainern gegeben habe … hmmm. Wir bereiten uns mittlerweile darauf am nächsten Tag aufzubrechen und gegen Gipfel zu stürmen. Ebenso planen dies die Gruppe von Arnold, die um 20 Uhr abends von C III – mit Sauerstoff- aufbrechen und zum Gipfel wollen. Fabrizio will auch los. Wir wollen die ganze Horde an uns vorbeiziehen lassen, und uns gemütlich in deren Fußstapfen einklinken. Insbesondere wollen wir nicht die ganze Nacht durchgehen, da wir keinen Sauerstoff benutzen.

Traumhaftes Schauspiel der Natur

Joe auf dem Weg zu Camp II

Die Franzosen und Amerikaner passieren unser einzelnes Zelt auf dem Weg zu Makalu La

Mor (Israel) auf dem Makalu La - er verwendet bereits künstlichen Sauerstoff zum Steigen

Luis auf dem Makalu La

Endlich sieht man nach anderthalb Monaten und mehren Versuchen den Gipfelaufbau und den Gipfel des Makalu

Ein etwas befremdlicher Anblick in dieser unglaublichen Bergwelt - eine französische Bergsteigerin mit Sauerstoffmaske vermittelt das Gefühl als wäre man in einer giftigen Umgebung

Die meisten Gipfelaspiranten verwenden oberhalb 7400m Flaschensauerstoff

In der großen Spalte (rechts) ist bereits ein Zelt aufgebaut, wir gesellen uns mit unserem dazu  - unser Camp IV auf 7800m

Der Chomo Lönzo (7818m)

Traumhafte Abendstimmung auf Makalu La (Camp III) auf 7400m

Müde und vor allem enttäuscht -  Luis und Alix beim ersten Gipfelversuch auf 8000m, es schneit - es hat heute keinen Sinn

Der Blick vom Makalu La nach Norden auf die tibetische Hochebene  - ein Blick wie aus dem Flugzeug, die Höhe würde auch dazu passen (7800m)

...weitere Bilder vom Zweiten Gipfelversuch  hier